Onlinefachtagung der Erich Ohser – e.o.plauen Stiftung
Spätestens seit 1939 ist die Welt in Aufruhr, aber auch schon vorher gerät die Politik in Deutschland und im restlichen Europa in Schieflage. Dennoch werden auch in dieser Zeit neben den beißenden politischen Karikaturen kurze, genuin eher unpolitische Bildgeschichten mit wiederkehrenden Figuren in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt. Sie sind mit Witz und Herz erdacht und gezeichnet und haben meist eine moralisierende zugleich unterhaltende, von den schwierigen Verhältnissen ablenkende Funktion. Im Gegensatz zu den Karikaturen streben diese »stehenden Figuren« in Comicstrips eher nach Harmonie und Wohlbefinden.
Erich Ohser alias e.o.plauen erschafft ab Dezember 1934 seine beliebten »Vater und Sohn«-Bildgeschichten, die mitten ins Herz treffen. Kurt Kusenberg erinnert sich 1962 daran, welche Vorstellungen er damals für die Hauptfiguren des neuen Strips in der Berliner Illustrirten (sic!) Zeitung hatte:
Sie müssen mit Witz, mit Liebe erschaffen werden und bedürfen durchaus der öffentlichen Gegenliebe, um sich zu behaupten. Sie sind erstmal gut aufgenommen, so fließt ihnen Kraft zu; sie werden immer selbstständiger, immer leibhaftiger und leben dann so lange, wie sie es verdienen, Monate oder gar Jahre.
Bei aller gebotenen Neutralität kann aus den »Vater und Sohn«-Bildgeschichten eine gewisse Kritik an den sozialen und politischen Veränderungen herausgelesen werden. Später werden sowohl die beliebten Figuren, als auch Erich Ohser und dessen Sohn für Propagandazwecke eingesetzt – unter anderem als Werbeträger für das »Winterhilfswerk« oder als Dekoration für Kampfjets.
Diese Onlinetagung vereint Beiträge zu Einzelbeispielen für stehende Figuren und Comicstrips zwischen 1930 und 1945 sowie Überblicksbeiträge zu diesem Themenkomplex – mit abschließenden Ausblicken in die Gegenwart und Zukunft.
Wir bitten um Anmeldung unter:
iris.haist@plauen.de
Freitag, 30.07.2021
14:00–14:30 Uhr
EF und Begrüßung: Iris Haist und Sarah Kühnel
14:30–15:30 Uhr
Key-Note-Vortrag von Dietrich Grünewald: Zwischen Tradition und Moderne. Deutsche Bildgeschichten von 1930 bis 1945
15:30–15:45 Uhr
Kaffeepause
15:45–17:15 Uhr
Panel 1: Einzelne stehende Figuren und Künstler
Christian Bachmann: »Daddy« und Tochter – Harold Grays »Little Orphan Annie« im Zeitungskontext und darüber hinaus (1924–1945)
Jutta M. Pichler: Ein Wiener Original: Die Comic-Serie »Tobias Seicherl« (1930–1940) von Ladislaus Kmoch
Achim Schnurrer: Albert Schaefer-Ast
17:15–17:30 Uhr
Kaffeepause
17:30–18:00 Uhr
Tagesabschluss-Diskussion
Samstag, 31.07.2021
10:30–11:00 Uhr kurzes Resümee, Begrüßung und kurzer Ausblick auf den Tag
11:00–12:30 Uhr Panel 2: Ikonografische Einzelthemen und close reading
Iris Haist und Sarah Kühnel: Kaffeefilter, Zigarren und Lotterie – e.o.plauens »Vater und Sohn«-Figuren in der Werbung bis 1937
Stefan Pannor: Plains, Trains & Automobiles – Von der Schönheit zum Schrecken der Moderne: der Wandel der Wahrnehmung von Verkehrsmitteln in Comics zwischen 1930 und 1945
Johanna Lenhart: Zum Husten in den Keller: Strategien des politischen Kommentars in »Herr Seicherl und sein Hund«
12:30–13:30 Uhr Mittagspause
13:30–14:30 Uhr Panel 3: Geschichte trifft Gegenwart
Barbara Margarethe Eggert: DON’T KNOW MUCH ABOUT HER STORY? Aktuelle Visualisierungsstrategien für das Schaffen von Cartoonistinnen und Comiczeichnerinnen der 1930er und 1940er Jahre im Überblick – ein Werkstattbericht
Ulf K., aufgezeichnetes Gespräch mit Iris Haist: »Vater und Sohn« – Original und Fortführung
14:30–14:45 Uhr Kaffeepause
14:45–15:30 Uhr Abschlussdiskussion
abgesetzt und offen
18:30–20:00 Uhr
Abendvortrag von Andreas Platthaus: Vater und Sohn in Amerika